Zitate von Noam Chomsky
Noam Chomsky entdeckte ich 1973. Nicht ihn persönlich, sondern Texte, Publikationen von ihm. Das erste Buch, das mir von ihm in die Hände fiel, war "Amerika und die neuen Mandarine" (American Power and the New Mandarins). 1973 unternahm ich meine erste Reise in die USA und nahm dieses Buch begierig auf, ähnlich dem Buch "Die Kehrseite der USA" von L. L. Matthias, von dem ich später dann noch "Die Entdeckung Amerikas Anno 1953" las. Diese kritische Lektüre half mir ungemein, mich gegen die Einnahmeversuche der westlichen Leitmacht zu erwehren, die damals zwar an einer stärkeren Imageeinbusse durch die Nachwehen des Vietnamkrieges litt, aber immer noch ein Magnet, ein Faszinosum war, was auch heute, trotz aller Kritik, zutrifft. Von Chomsky las ich dann viele andere Bücher und Artikel; mit Vergnügen auch seine linguistischen. Der Disput zwischen ihm und George Steiner amüsierte fast und war anregend. Während und nach meinem Studium in den USA lernte ich Noam Chomsky und seinen unerschrockenen Geist noch mehr schätzen, weil ich jetzt einerseits nicht mehr auf unmittelbare Reiseeindrücke zurückgriff bzw. die Erstlektüre, sondern wiederholte Erfahrungen verarbeitet hatte, das System an der Universität, Wirtschaft und im Gesellschaftlichen näher kennenlernte. Mit der Distanz konnte ich auch freier annehmen als auch ablehnen, ohne mich dauernd übervorsichtig fragen zu müssen, ob ich nicht etwa einer reflexartigen Konterdependenz erliege. Seit damals schätze ich diesen Autor und seine Courage. Es spielt überhaupt keine Rolle, dass seine Bedeutung als Linguist oder Sprachfilosof geringer ist oder abnahm gegenüber seiner Bedeutung als anarchistischer Freigeist, als ein amerikanischer Voltaire. Im Hinblick auf die Verantwortlichkeit der Intellektuellen stellen sich noch andere, gleichfalls beunruhigende Fragen. Die Intellektuellen sind in der Lage, die Lügen der Regierungen zu entlarven, die Handlungen nach ihren Ursachen, Motiven und oft verborgenen Absichten zu analysieren. Zumindest in der westlichen Welt haben sie jene Macht, die sich aus der politischen Freiheit, dem Zugang zu Informationen und der Redefreiheit herleitet. Für eine priviliegierte Minderheit hält die westliche Demokratie die Muße, die Einrichtungen und die Ausbildung bereit, die es ihr erlauben, die Wahrheit zu suchen, die sich hinter dem Schleier von Verzerrung und Verdrehung, Ideologie und Klasseninteresse verbirgt, unter dem die gegenwärtigen geschichtlichen Ereignisse sich uns darstellen.Noam Chomsky: die Verantwortlichkeit der Intellektuellen. In: Amerika und die neuen Mandarine, Frankfurt, Suhrkamp 1969
Über Noam Chomsky gibt es viele web sites und online Archive. Anstatt Textausschnitte hier zu kopieren, kann man gleich über diese Seiten die Texte abrufen bzw. Informationen zum Autor und seinen Aktivitäten sowie Rezensionen, Kritiken, Kommentare lesen.
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