Haimo L. Handl
Netcult - Kolumne im COMPUTER JOURNAL # 9/2000
E-Commerce & Commerce
Das Jahr 2000 geht zu Ende, und das ganz turbulent. Der gepriesene Erfolgsmarkt "E-Commerce" überraschte viele Experten und "reguläre" Teilnehmer in seiner Uneinheitlichkeit, die Börsennotierungen von Aktien des Telekombereichs enttäuschten und brachten die meisten Analytiker wie Anleger in Erklärnot. Ähnlich wie mit der "New Economy" scheinen auch der E-Commerce, der Internetmarkt sowie die Telekommunikation insgesamt voller (böser) Überraschungen.
Da helfen auch alte Sprichworte wie "Es ist nicht alles Gold, was glänzt" wenig, geht es doch um handfeste Geschäftsinteressen, Zukunftsinvestitionen und Marktanteile bzw. -beherrschungen.
Eines kristallisiert sich heraus: es genügt nicht, einfach im Web präsent zu sein. Noch so gute, reisserische Aufmachungen, noch so lockende Webangebote sichern keinen Erfolg, wenn nicht in der realen Welt die prompte Erfüllung virtueller Sprüche und Werbungen erfolgt.
Dass Kunden enttäuscht reagieren, wenn sie auf leicht und rasch zu erledigende online-Buchungen lange auf die Ware oder Dienstleistung warten müssen, sollte eigentlich nicht verwundern. Mich erstaunt vielmehr die Langmut bis anhin, welche viele Konsumenten mit den unrealistischen Auftritten und Versprechungen von Webfirmen an den Tag legen.
Es zeigt sich, dass der Markt, wo er offen ist durch Konkurrenz, selbst regulierend eingreift. Dort, wo noch alte Quasi-Monopole genutzt werden können, wie in Österreich z.B. Chello Telekabel (UPC) mit dem Kabelnetz oder die Telekom mit ihrer Verzögerungstaktik beim Zugang der "letzten Meile" im ISDN- oder ADSL-Geschäft, vermag auch alltäglich praktizierte Inkompetenz und grobe Missachtung der Kunden das Geschäft kurzfristig nicht zu stören. Dass solche Firmen mit ihrer ignoranten Haltungen gegen Kunden dennoch Geschäfte machen, ist eher untypisch und hoffentlich auch in Österreich bald nicht mehr möglich.
Für die meisten gilt: die Performanz in der realen Welt gilt mehr als in der virutellen: wer nicht hält, was er verspricht, verliert. Das ist auch gut so. Es bleibt hoffentlich nicht beim Sturm im Wasserglas.
Es kommt den Konsumenten, dem Markt zugute, wenn die unlauteren, inkompetenten Anbieter zurückgedrängt werden oder verschwinden, wenn Qualitätsbegriffe aus der "old economy" auch im Internet zur Geltung gelangen, das heisst, wenn die Konsumenten die virtuellen Versprechungen nicht einfach hinnehmen, sondern ihre reale Erfüllung bewerten.
Dann wird sich zeigen, dass E-Commerce trotz einiger noch bestehender Sicherheitsprobleme durchaus vernünftig, schnell und bequem Kundenwünsche zu erfüllen vermag. Dem Erfolg steht eigentlich nichts im Wege. Old & New Economy, Commerce & E-Commerce könnten prosperieren.
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