Thomas Hobbes

Sallust schildert den Charakter des Catilina, der in Geschicklichkeit zu Aufständen von niemand übertroffen wurde, dahin, daß er viel Beredsamkeit, aber wenig Weisheit besessen habe. Er trennt also die Beredsamkeit von der Weisheit; jene braucht der zu Tumulten geborene Mensch, während er diese als eine Gebieterin des Friedens und der Ruhe verurteilt. Die Beredsamkeit ist aber zweifacher Natur: die eine Art ist der elegante und klare Ausdruck der Gedanken und der Begriffe, entstanden zum Teil aus der Betrachtung der Dinge selbst, zum Teil aus einem Verständnis der Worte in ihrer eigentümlichen und bestimmten Bedeutung. Die andere ist eine Erregung der Leidenschaften, wie Hoffnung, Furcht, Zorn, Mitleid, und stammt her von dem bildlichen Gebrauch der Worte, welche den Leidenschaften angepaßt sind. Jene webt ihre Rede aus wahren Grundsätzen, diese aus den herrschenden Meinungen, gleichviel welcher Art sie seien; die Kunst jener ist die Logik, die Kunst dieser die Rhetorik; das Ziel jener ist die Wahrheit, dieser der Sieg. Beide haben ihren Nutzen, jene bei Beratungen, diese bei Ermahnungen; denn jene trennt sich nie von der Weisheit, während diese es beinahe immer tut. Daß nun diese Art mächtiger Beredsamkeit die weit entfernt ist von der wahren Erkenntnis der Dinge, d.h. von der Weisheit, das wahre Kennzeichen derer ist, welche das Volk zu Neuerungen aufregen und anreizen, kann man leicht aus dem, was sie vornehmen, ersehen.
(Aus: Grundzüge der Philosophie)